Besonders in den Verwaltungsbereichen zielen Optimierungsmaßnahmen allzu häufig nur auf abteilungsbezogene Kostensenkungsziele und Qualitätsverbesserungen punktueller Natur ab. Keine Frage: Es liegt im Wesen einer Unternehmung, wirtschaftlich zu arbeiten. Wer das nicht tut, gerät schnell in eine Schieflage.
Es ist nur bedauerlich, dass vielen Unternehmen dabei offenbar der Blick für Kunden und Mitarbeiter verloren haben.
Ihnen sind mitunter auch jene Tugenden abhanden gekommen, die sie einst so groß gemacht haben: Pionier- und Erfindergeist, unternehmerisches Denken und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Sie hatten eine Vision und eine Mission. Sie wollten beispielsweise schwere Krankheiten besiegen, die Arbeit im Haushalt erleichtern, Menschen mobil machen, private und unternehmerische Träume mittels Kapital zu verwirklichen helfen (Banken)… Sie wollten echte Werte erzeugen, Nutzen stiften. Heute wollen sie Shareholder-Value schaffen. Das ist besonders bei den DAX-Konzernen zu beobachten.
Es sind die Ankündigungen von großen Sparoffensiven, Personalentlassungen und die Schließung von Niederlassungen, die Aktienkurse in die Höhe schnellen lassen. Das gestiegene oder gesunkene Niveau der schwer messbaren Mitarbeiterzufriedenheit, -leistungsfähigkeit und -flexibilität verursacht hingegen keine große Regung bei den Anteilseignern. Um einerseits kurzfristige Erträge zu erzielen und andererseits Kosten zu reduzieren bzw. unter Kontrolle zu behalten, wird deswegen viel investiert. Nicht nur Geld. Nein, ein noch viel kostbareres Mangelgut: Zeit, Aufmerksamkeit, Energie. Das passiert umso intensiver, je mehr ein Unternehmen oder auch Großprojekt sich bereits in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet.
So werden auf der einen Seite die Anstrengungen in Marketing und Vertrieb forciert: Mehr Werbung, aggressivere Verkaufstaktiken, Bonusprogramme für Verkäufer und Vertriebspartner. Damit lässt sich der eine oder andere Vertrag mehr abschließen, um die Quartalszahlen aufzuhübschen oder sogar überlebenswichtige finanzielle Mittel heranzuschaffen.
Auf der anderen Seite werden alle gut gemeinten Zukunftsprojekte und Weiterbildungsmaßnahmen, die nicht unmittelbar zu Erlösen beitragen, auf Eis gelegt, der Einkauf muss von den Lieferanten noch mehr Zugeständnisse herauspressen, Umstrukturierungen und Outsourcing stehen auf der Agenda.
Tatsächlich werden durch solche Maßnahmen monetär messbare Erfolge erzielt, die sogar in der Bilanz verbucht werden können. Die Sache hat nur einen Haken: Es sind isolierte Maßnahmen, und die Erfolge sind meist nur von kurzer Dauer.
Sie schauen nur noch auf die Shareholder haben schlichtweg die Menschen aus den Augen verloren, die die Produkte erstellen und nutzen, also die Kunden und die Mitarbeiter, für die sich die Lage oftmals sogar noch verschärft.
So beschweren sich möglicherweise zunehmend die Kunden darüber, dass ihnen aggressive Verkäufer Produkte bzw. Verträge angedreht haben, die sie gar nicht brauchen oder ihren Erwartungen nicht entsprechen. Und dann ist da noch die Sache mit der Lieferzeit/Termintreue. Die Kunden müssen immer länger auf ihre Leistungen warten und - was noch schlimmer ist - sie können sich nicht mehr auf Terminzusagen verlassen, sofern sie überhaupt welche bekommen.
Auf der anderen Seite steigen der Druck im Vertrieb und die Arbeitsdichte in den ausführenden Bereichen. Fehler schleichen sich ein, die unerkannt bleiben oder sogar unter den Teppich gekehrt werden, so dass sie im schlimmsten Fall als Defekt beim Kunden laden. Die Kunden werden unzufriedener, wandern vielleicht sogar ab, Image-Verluste drohen.
Oder aber die Mitarbeitenden schaffen es immer wieder, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Aber sie zahlen dafür einen hohen Preis und müssen einen enormen Aufwand leisten. „Feuerwehreinsätze“ sind an der Tagesordnung. Der Stress-Level steigt und verharrt auf hohem Niveau.
Silodenken und Konkurrenzdruck innerhalb des Unternehmens sind noch weiter auf dem Vormarsch, lenken den Blick sowohl vom Kunden als auch von den Belangen der Kollegen weg und führen dazu, dass noch mehr Ressourcen für "Trouble-Shooting", Kontrolle und Absicherung eingesetzt werden. Für systematische und nachhaltige Problemlösungen, kontinuierliche Verbesserungen und für strategisch wichtige Innovationsprozesse, bleibt dann keine Zeit. Das alles wäre aber Voraussetzung dafür, sich dem Preiswettbewerb entziehen zu können. Das Hamsterrad lässt grüßen.
Fazit: Wer nur durch die kurzsichtige Kosten- und Ertragsbrille schaut, übersieht die sich nähernde Wand und die Möglichkeiten am Wegesrand. Wer mehr auf die Stimme der Kunden hört und die Potenziale der Menschen im Unternehmen fördert und nutzt, der hat langfristig mehr von seinen Verbesserungsanstrengungen.